Wie bereits im Artikel „Mikroorganismen als PCB-Abbauer“ angeführt, stellen Kunststoffe inzwischen weltweit ein großes Problem dar, weil ihr Abbau sehr schwierig ist und sowohl bei der Herstellung, der Nutzung als auch beim Abbau toxische Substanzen frei gesetzt werden, die ein gesundheitliches Problem für den Menschen darstellen.
Es ist daher verständlich, dass die Empörung über diese Art der Umweltverschmutzung zunimmt.
Die Industrie sucht deshalb seit vielen Jahren nach Möglichkeiten, weniger widerstandsfähige Substanzen herzustellen, die jedoch ihren Zweck z.B. als Verpackungsmaterial gleich gut erfüllen.
Ziel ist ein biologisch abbaubarer Stoff, der sich nach der Benutzung komplett in der Natur oder auch in speziellen Kompostieranlagen vollständig zersetzt, ohne schädliche Stoffe zu hinterlassen.
Das Bakterium Cupriavidus necator (frühere Namen: Alcaligenes entrophus, Ralstonia entropha, Wantersia entropha und Hydrogenomonas entropha) wird bei der Entfernung von Nitrat des Trinkwassers verwendet.
Das britische Unternehmen Imperial Chemical Industrie (ICI) machte C. necator zu einem Pionier bei der Erzeugung umweltfreundlicher Kunststoffe.
Wie andere Bakterien beispielsweise überschüssige Energie in Form von Stärkekörnern speichern können, was unter dem Mikroskop als Granula sichtbar wird und dazu dient, bei Bedarf zur Nutzung der Energie wieder abgebaut zu werden, kann C. necator Polyhydroxybuttersäure (PHB) eine fettähnliche Substanz speichern.
Dieser Speicherstoff brachte die Forscher von ICI zu der Idee, das Bakterium ein biologisch abbaubares Polymer bilden zu lassen. Polymere bestehen aus einer Menge kleinerer verknüpfter Moleküle.
Vielleicht könnte man C. necator durch Fütterung mit geeigneten Grundbausteinen veranlassen ein Polymer mit einer völlig anderen Struktur zu bilden.
Die Idee der Forscher ging auf.
Nach Zusatz von Valeriansäure zum Nährmedium bildete C. necator Polyhydroxybuttersäure-Cohydroxyvaleriansäure (PHBV), ein Polymer mit den Eigenschaften von Kunststoffen, das biologisch abbaubar ist.
Weitere Forschungen ergaben, dass das Bakterium nicht nur PHB durch die Verknüpfung von Buttersäure herstellt, sondern, dass es genau wie einige nicht mit ihm verwandten Bakterienarten aus anderen Untereinheiten auch andere Polymere bauen kann.
Der unter dem Markennamen „Biopol“ vertriebene Kunststoff war genauso robust und wasserfest wie konventionelle Kunststoffe, konnte jedoch durch Bodenbakterien schnell zu Kohlendioxid und Wasser zersetzt werden.
Selbst bei Verbrennung, einem weniger umweltfreundlichen Prozess, wurden zumindest keine gefährlichen Chemikalien freigesetzt, wie bei vielen anderen Kunststoffen.
Die Forschung an PHBV und vergleichbaren Materialien wurde in eine neuere gentechnische Phase übergeleitet, nachdem Douglas Dennis von der James-Madison-University, Virginia die Gene entdeckte, auf denen die Fähigkeit zur PHB-Synthese von C. necator beruht. Dies brachte Wissenschaftler dazu, diese Gene in andere Bakterien, wie z.B. Escherichia coli, einzuschleusen, die das Polymer billiger und effektiver synthetisieren.
Durch die Veränderung der Gene selbst, konnte die Entstehung von Polymeren mit neuen Eigenschaften erreicht werden.
So besteht die Aussicht für den Einsatz von neuen Generationen unterschiedlichster Polymere.
Es könnten z.B. in der Medizin Platten und Schrauben gefertigt werden, die nach Einpflanzung im Körper bis zur Heilung im Knochen überdauern.
Dass die Produkte teurer sind, als herkömmliche Kunststoffe hat einen Boom dieser biologisch abbaubaren Kunststoffe bisher verhindert.
Eine Möglichkeit, den Preis für die Herstellung zu senken, besteht in der Vermischung mit günstigen Zusatzstoffen (Celluloseacetat beispielsweise ist ein preisgünstiges Abfallprodukt aus der Zigarettenfilterproduktion).
Diese Vermischung mit anderen Bestandteilen, die jedoch ebenfalls biologisch abbaubar sein müssten, führt auch zu besonderen Materialeigenschaften.
Die als PHB-Blend bezeichnete Produktpalette erstreckt sich von Klebern bis Hartgummi.
Ein weiteres Produkt zur Herstellung von Biokunststoffen ist die Polymilchsäure (PL), die durch Polymerisation von Milchsäure entsteht.
Sie ist ein Produkt aus Zucker und Stärke durch Milchsäurebakterien. PLA und PLA-Blends werden als Granulate in verschiedenen Qualitäten für die Kunststoff verarbeitende Industrie zur Herstellung von Folien, Formteilen, Dosen, Bechern, Flaschen und sonstigen Gebrauchsgegenständen angeboten. Vorallem für kurzlebige Verpackungsfolien, Getränke- und Joghurtbecher, Obst-Gemüse- und Fleischschalen birgt der Rohstoff ein großes Potenzial.
Für den Verbraucher sollte jedoch ersichtlich sein,dass die Bio-Kunststoffe nicht nur biologisch abbaubar sind, sondern auch, dass die Herstellung nicht aus fossilen Rohstoffen erfolgt.
Auch sogenannte „biobasierte“ Kunststoffe, die zwar aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden, jedoch nicht biologisch abbaubar sind, sollten nicht die Bezeichnung „Bioplastik“ führen dürfen.
Genau wie bei Biolebensmitteln, bei denen eine EU-Verordnung genau festgelegt, was sich „Bio“ nennen darf, sollte dies auch für Biokunststoffe beschlossen werden.
Die angeführten Beispiele der Kunststoffproduktion aus Mikroorganismen zeigen, wie eine große Palette an Produkten für die unterschiedlichsten Anwendungen erzeugt werden kann, die alle gemeinsam die Eigenart der biologischen Abbaubarkeit besitzen und damit einem Beitrag leisten, unsere Umwelt nicht weiter mit einer ständigen Flut an Giften aus der Industrie zu belasten.